Organstreitverfahren Fraktion der Christlich-Demokratischen Union (CDU) ./. Landtag von Mecklenburg-Vorpommern wegen Verletzung des parlamentarischen Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Ausschussbesetzung
LVerfG 3/22 Greifswald, den 15.11.2022
LVerfG 4/22
Pressemitteilung
Das Landesverfassungsgericht verhandelt am
Donnerstag, den 24. November 2022 um 13:00 Uhr
im Saal I (Raum 116) des Gerichtsgebäudes (Domstraße 7 in Greifswald)
mündlich über zwei Organklagen der CDU-Fraktion gegen die Beschlüsse des Landtags vom 9. März 2022 und vom 18. Mai 2022 zur Einsetzung der beiden Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse „Universitätsmedizin“ und „Klimaschutzstiftung“. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass der Landtag die Größe der Ausschüsse auf jeweils neun Mitglieder festgelegt hat. Beantragt hatte die Antragstellerin gemeinsam mit weiteren Fraktionen eine jeweilige Ausschlussgröße von dreizehn Mitgliedern.
Nach Art. 34 Abs. 2 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern (LV M-V) sind die Fraktionen mit mindestens je einem Mitglied im Untersuchungsausschuss vertreten. Im Übrigen werden die Sitze unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen verteilt; dabei ist sicherzustellen, dass die Mehrheitsverhältnisse im Untersuchungsausschuss den Mehrheitsverhältnissen im Landtag entsprechen. Nach diesen Grundsätzen entfallen von den beschlossenen neun Sitzen vier Mitglieder auf die Fraktion der SPD und je ein Mitglied auf die übrigen Fraktionen der Antragstellerin, der AfD, von Die Linke, von Bündnis 90/Die Grünen sowie der FDP.
Die Antragstellerin macht im Wege des Organstreitverfahrens geltend, mit der Herabsetzung der Mitgliederzahl in den Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen sei ihr Recht auf Gleichbehandlung bei deren Besetzung verletzt (Art. 22 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz 2, 34 Abs. 2 Satz 2 LV M-V). Durch die geringere Größe der Ausschüsse werde in verfassungswidriger Weise von dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit bei der Sitzverteilung in Landtagsplenum und Untersuchungsausschuss abgewichen. Sie verfüge im Landtag über 15,19 % der Abgeordnetensitze, in den Untersuchungsausschüssen ergebe sich für sie bei einer Ausschussgröße von neun Mitgliedern jedoch nur ein Anteil von 11,11 %. Bei einer Ausschlussgröße von dreizehn Mitgliedern (Verteilung in jenem Fall: SPD 6, AfD 2, CDU 2, Die Linke 1, Bündnis 90/Die Grünen 1, FDP 1) wäre sie hingegen mit einem Anteil von 15,38 % an den Ausschusssitzen beteiligt.
Die Besetzung der Untersuchungsausschüsse mit lediglich neun Mitgliedern führe – anders als bei den beantragten dreizehn Mitgliedern - in der vorliegenden Konstellation mit sechs Fraktionen zu einer erheblichen, unverhältnismäßigen Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse. Die vorhandene Zusammensetzung entferne sich deutlich von einer möglichst spiegelbildlichen Abbildung des Plenums. Als drittgrößte Fraktion sei sie in den beiden Untersuchungsausschüssen nicht entsprechend dem ihr per Wahl verliehenen Gewicht angemessen vertreten.
Der Landtag hat Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anträge, hält sie jedenfalls aber für unbegründet, weil das Prinzip der Spiegelbildlichkeit dem Landtag für seine Organisationsentscheidung keine verbindliche Ausschussgröße vorgebe.
Eine Entscheidung wird erst in einem gesonderten Verkündungstermin, der nicht mehr als drei Monate nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung liegen darf, bekanntgegeben.
Köster-Flachsmeyer
Präsidentin des Landesverfassungsgerichts
Hinweise:
In einem Organstreitverfahren entscheidet das Landesverfassungsgericht gemäß § 11 Nr. 1 Landesverfassungsgerichtsgesetz M-V (LVerfGG M-V) über die Auslegung der Verfassung aus Anlass einer Streitigkeit über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Artikel 53 Nr. 1 der Verfassung).
Der Verkündungstermin wird zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls mitgeteilt.
Anfragen richten Sie bitte an den Pressesprecher des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern.