Organklage der AfD-Fraktion und ihrer Abgeordneten gegen die Beschlussfassung des Landtags über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 und das entsprechende Haushaltsbegleitgesetz vom 9. Dezember 2020 - LVerfG 2/21
LVerfG 2/21 Greifswald, den 19.08.2022
Pressemitteilung
Das Landesverfassungsgericht verhandelt am
Donnerstag, den 25. August um 11:00 Uhr
im Saal I (Raum 116) des Gerichtsgebäudes (Domstraße 7 in Greifswald)
mündlich über die Organklage der AfD-Fraktion und ihrer Abgeordneten gegen die Beschlussfassung des Landtags über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 und das entsprechende Haushaltsbegleitgesetz vom 9. Dezember 2020. Die Antragsteller wenden sich auch gegen die Einbringung der Gesetzentwürfe durch die Landesregierung.
Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2020 und dem zugehörigen Haushaltsbegleitgesetz wurde die Nettokreditermächtigung des Landes zur Deckung von Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie von 700 Mio. EUR auf 2,85 Mrd. EUR angehoben und zugleich das Sondervermögen „MV-Schutzfonds“ um diesen Betrag aufgestockt. Die Kreditermächtigung gilt nach dem Gesetz fort, bis die notwendigen Entnahmen aus dem Sondervermögen „MV-Schutzfonds“ zur Finanzierung von Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen getätigt und bis die Kredite zur Finanzierung der Zuführungen an das Sondervermögen tatsächlich am Kreditmarkt aufgenommen worden sind (§ 2 Abs. 2a Haushaltsgesetz 2020/2021).
Die Antragsteller machen im Wege des Organstreitverfahrens u.a. geltend, die angegriffenen Gesetzesbeschlüsse verletzten das Budgetrecht des Landtages und der einzelnen Abgeordneten aus Art. 61 Abs. 1 und 2 Landesverfassung M-V (LV) sowie das dies beinhaltende Recht zur Kreditbeschaffung gemäß Art. 65 LV. Die Änderung des Haushaltsgesetzes 2020/2021 verletze das verfassungsrechtliche Gebot der Schuldenbremse, indem sie den Anforderungen des Art. 65 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. LV nicht genüge. Weder der Höhe noch dem Inhalt nach sei ein hinreichender Zusammenhang mit der Naturkatastrophe Corona-Pandemie ersichtlich. Durch den Beschluss von rechtswidrigen Kreditermächtigungen verstoße der Landtag gegen sein eigenes Budgetrecht. Eine Verletzung des Budgetrechts liege auch in der Ermächtigung des Finanzministeriums, Notlagen-Kredite über das Haushaltsjahr hinaus aufzunehmen. Nach dem Wortlaut des geänderten § 2 Abs. 2a des Haushaltsgesetzes 2020/2021 bestehe die Notlagen-Kreditermächtigung auf unbestimmte Zeit; ein zeitlicher Bezug zur Pandemie sei nicht ausreichend herzustellen. Das Prinzip der Jährlichkeit des Haushalts gelte ferner auch für einen Nachtragshaushalt und könne selbst in einer Notsituation nicht außer Kraft gesetzt werden. Schließlich verstoße der Beschluss des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2020 gegen das Budgetrecht des Landtages, weil damit das Sondervermögen „MV-Schutzfonds“ zu einem Parallelhaushalt aufgebläht werde. Wesentliche Haushaltsmittel würden vom regulären Haushalt separiert und der budgetrechtlichen Entscheidung des Landtages entzogen.
Durch das Einbringen der verfassungswidrigen Gesetzentwürfe habe die Landesregierung die Rechte des Landtags und der Abgeordneten unmittelbar gefährdet.
Der Landtag hält die Anträge teils für unzulässig, jedenfalls für insgesamt unbegründet. Die Landesregierung ist der Ansicht, die Anträge seien unzulässig, zumindest aber unbegründet.
Eine Entscheidung wird erst in einem gesonderten Verkündungstermin, der nicht mehr als drei Monate nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung liegen darf, bekanntgegeben.
Köster-Flachsmeyer
Präsidentin des Landesverfassungsgerichts
Hinweise:
In einem Organstreitverfahren entscheidet das Landesverfassungsgericht gemäß
§ 11 Nr. 1 Landesverfassungsgerichtsgesetz M-V (LVerfGG M-V) über die Auslegung der Verfassung aus Anlass einer Streitigkeit über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Artikel 53 Nr. 1 der Verfassung).
Der Verkündungstermin wird zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls mitgeteilt.
Anfragen richten Sie bitte an den Pressesprecher des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern.